Wer Vollkornprodukte isst, lebt länger und gesünder. Die meisten Menschen greifen aber zu selten zu Vollkorn. Dabei ist es mit ein paar Tipps nicht schwer, auf die empfohlene Menge zu kommen
Zum Frühstück Marmeladentoast, vormittags eine Brezel und zum Mittagessen ein Käsebrötchen. Die Deutschen lieben ihr Brot. 2015 kauften die privaten Haushalte rund 1,8 Millionen Tonnen davon. Etwa 33 Prozent griffen dabei zu Mischbrot, 20 Prozent zu Toast – und nur 11 Prozent zur Vollkornvariante. Dabei ist sie am gesündesten.
Weißmehlprodukte zählen dagegen nach den heutigen ernährungswissenschaftlichen Kenntnissen zu den Nahrungsmitteln, die man eher selten essen sollte. "Je heller das Brot, desto schneller bist du tot", sagt der amerikanische Ernährungs-Journalist Michael Pollan überspitzt. Anders formuliert: Wer öfter zur Vollkornvariante greift, tut der Gesundheit etwas Gutes und kann sein Leben tatsächlich verlängern.
Täglich Vollkorn: Länger leben, weniger Krankheiten
Das zeigte jüngst eine im British Medical Journal veröffentlichte Analyse. Ein internationales Forscherteam wertete dafür 45 Studien zum Vollkornkonsum aus. Während frühere Untersuchungen schon belegt hatten, dass ein hoher Vollkornverzehr vor Herz-Kreislauf-Krankheiten, Typ-2-Diabetes und Übergewicht schützt, kamen nun noch folgende Ergebnisse dazu: Bereits 90 Gramm Vollkornprodukte pro Tag können die Lebenserwartung verlängern sowie das Risiko für ein koronares Herzleiden, Krebs, Schlaganfall, Atemwegs- und Infektionskrankheiten verringern.
Doch was ist es eigentlich, das Vollkorn so gesund macht? Ganz einfach: Der Keimling und die Schale sind in den entsprechenden Lebensmitteln komplett erhalten – und damit jede Menge Nährstoffe. Silke Restemeyer, Expertin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), erklärt: "Neben Kohlenhydraten in Form von Stärke enthält Vollkorngetreide auch hochwertiges Eiweiß, wertvolle Mineralstoffe und Vitamine – vor allem B-Vitamine – sowie Eisen,Zink und Magnesium. Außerdem stecken darin viele Ballast- und sekundäre Pflanzenstoffe."
Unterschiedlicher Einfluss auf den Blutzuckerspiegel
Anders verhält es sich bei Produkten aus sogenanntem niedrig ausgemahlenem Getreide, wie zum Beispiel Weißbrot oder Nudeln. Hier werden die Schale und der Keimling entfernt – und damit auch die wertvollen Inhalts- und Ballaststoffe. Verwendet wird nur das Stärkekorn. Gerade in der Schale und im Keimling sitzen aber die Sattmacher. Die langkettigen Kohlenhydrate aus der Kernschale werden viel langsamer in Zuckermoleküle aufgespalten und ins Blut abgegeben als die kurzkettigen aus dem Stärkekorn. Ein langsamerer Anstieg des Blutzuckers bedeutet eine längere Sättigung. Probieren Sie es aus: einfach mal beim Frühstück das Weißbrot durch ein Vollkornbrot ersetzen und beobachten, wie lange Sie satt bleiben.
Die Ballaststoffe, die der Körper unverändert wieder ausscheidet, regen zudem die Verdauung an, erläutert Professor Michael Blaut. "Durch eine ballaststoffreiche Ernährung beschleunigt man den Darmtransit", so der Leiter der Gastrointestinalen Mikrobiologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. "Ballaststoffe, die fast gar nicht abgebaut werden können, nehmen Wasser auf, quellen und binden dann auch Substanzen, die krebserregend sein können. Diese werden mit ausgeschieden."
Nicht jedes dunkle Brot ist Vollkorn
Blaut nennt noch einen weiteren Gesundheitsnutzen: "Bei der Verdauung von Vollkorn bilden bestimmte Bakterien Fettsäuren, die im Körper wichtige regulatorische Funktionen haben." Wer nun also mehr Vollkorn essen möchte, muss beim Einkaufen genau hinschauen. Denn nicht alles, was nach Vollkorn aussieht, ist auch Vollkorn.
"Man sollte sich nicht von der Farbe täuschen lassen: Nicht jedes dunkle, schwarze oder körnige Brot ist ein Vollkornbrot", sagt Restemeyer. "Nur wo Vollkorn draufsteht ist Vollkorn drin. Dieser Begriff ist gesetzlich geschützt." Gerstenmalz, Malz- oder Rübensirup färben Weißbrot dunkel. Und Aufdrucke wie "Mehrkorn", "Kleie" oder "100 Prozent Weizen" täuschen Vollkorn vor.
Inhaltsangaben überprüfen
Ein weiteres Beispiel für eine Irreführung des Verbrauchers: Knuspermüsli. Mit einem gesunden Körnermüsli haben diese Produkte nicht viel gemeinsam. Meist verbirgt sich dahinter eine ziemlich zuckrige Mischung aus Cornflakes, Pops, Honig oder Schokolade.
Es empfiehlt sich also ein Blick auf die Zutatenliste. Bei Brot funktioniert das am besten bei der abgepackten Variante. Echtes Vollkornbrot muss mindestens zu 90 Prozent aus Vollkorn bestehen. Die Körner müssen dabei nicht vollständig enthalten, sondern können auch zu feinem Mehl vermahlen sein. Kauft man das Brot bei einem Biobäcker, dort einfach nachfragen. Er weiß in den meisten Fällen sehr genau, was im Gebäck steckt.
DGE-Expertin Restemeyer rät außerdem, sich das Müsli selbst zusammenzustellen: "Mischen Sie nach Belieben Vollkornflocken aus verschiedenen Getreidesorten mit Nüssen und Samen. Die gewünschte Süße liefern frische oder getrocknete Früchte."
Wo Vollkorn drin steckt
Kommen Sie mit Ihrer Ernährung auf die empfohlenen 90 Gramm Vollkorn am Tag? In der in unserem Artikel erwähnten Studie erklären die Autoren, dass man diese Menge etwa mit zwei Scheiben Vollkornbrot und einer Schale Müsli erreicht. Für weitere Vollkorn-Lebensmittel wurden keine konkreten Angaben zur Portionsgröße gemacht. Es gibt aber noch viele weitere Nahrungsmittel, mit denen sich der Vollkornkonsum erhöhen lässt. Zum Frühstück können etwa gepufftes Vollkorngetreide, Haferbrei oder Hafergrütze auf den Tisch kommen. Neben dem bekannten Kasten-Vollkornbrot gibt es auch Pumpernickel, Vollkornknäckebrot und -reiswaffeln. Als Beilage zu Fleisch oder Fisch kommen darüber hinaus Naturreis, Bulgur, Hirse und Quinoa infrage.
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